Unter dem Titel „Zukunftsplanung Kompetenzzentrum Kinderwunsch – Interdisziplinäre Perspektiven im Austausch“ fand am 15. November 2023 im Rahmen des KompKi-Projektes der zweite große Fachtag mit knapp 400 Teilnehmenden statt. Der hybride Fachtag konnte kostenlos entweder Online via Zoom oder in Präsenz in Berlin besucht werden.
Ziel des Fachtages war es, entlang von Vorträgen und interaktiven Workshops die Perspektiven zentraler Akteure und Akteurinnen rund um das Thema Kinderwunsch zu beleuchten, interdisziplinär zu diskutieren und das Bewusstsein für die heterogene Bedeutsamkeit des Themas Kinderwunsch zu erweitern. Gefördert wird das Projekt sowie die Durchführung des Fachtages vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).
Alle Teilnehmenden empfanden die Veranstaltung als gut organisiert und die Atmosphäre sehr angenehm. 96% der Teilnehmenden hat der Fachtag gut gefallen, hat die Themenauswahl angesprochen und fanden die Referent*innen gut ausgewählt.
Workshop 1: Ungewollt kinderlos bleiben
„Über vielen Menschen in der Kinderwunschzeit hängt eine Art Damoklesschwert: Sie befürchten, auch langfristig kinderlos zu bleiben. Für einige bleibt der große Wunsch nach einem Kind tatsächlich unerfüllt. In der psychosozialen Kinderwunschberatung ist das Thema „Ungewollt kinderlos bleiben“ deshalb ein wichtiger Schwerpunkt. In diesem Workshop werden wir uns damit befassen, wie Beratung helfen kann.“
Dipl.-Psych. Doris Wallraff
(Systemische Familientherapeutin (DGSF))
Workshop 2: Psychosoziale Beratung bei unerfülltem Kinderwunsch: Unterstützung in einer herausfordernden Lebensphase
„Unerfüllter Kinderwunsch stellt für viele Menschen eine existentielle Krise dar. In dem Workshop werden die besonderen individuellen und gesellschaftlichen Herausforderungen dieser Krise
erläutert und an Fallbeispielen Unterstützungsangebote aufgezeigt."
Dr. phil. Dipl.-Psych. Annette Tretzel
(approb. Psychologin, pro familia München, BKiD e.V.)
Workshop 3: Es betrifft uns als Familie: Was brauchen wir vor, während und nach einer Familiengründung mit reproduktionsmedizinischer Assistenz?
„Matthias Ewelt erfuhr im Jahr 1993, dass er niemals selbst Kinder zeugen würde. Was er und seine Frau vor der Geburt der Kinder aus zwei unterschiedlichen Samenspenden (1995/99) erlebt haben, was sie sich damals gewünscht hätten und wie er und seine Familie eine gelingende Familiengeschichte dank positiver und offener Kommunikation beschreiben, schildert er im Workshop und stellt sich den Fragen der Teilnehmenden.“
Matthias Ewelt
(Diakoniepfarrer, Vater nach reproduktionsmedizinischer Assistenz)
Workshop 4: Familiengründung „nicht aus dem Bauch heraus“ - Was wir aus der Adoptionspraxis für die medizinische Familiengründung mit Hilfe Dritter lernen können
„Die Erfahrung ungewollter Kinderlosigkeit fordert dazu auf sich auch mit den Alternativen zum leiblichen Kind auseinanderzusetzen. „Nicht aus dem Bauch heraus“ schwanger zu werden, bedeutet für ungewollt kinderlose Menschen die ganze Bandbreite der sozialen und reproduktionsmedizinischen Optionen zu erwägen. Bei Fremdadoptionen ist im letzten Jahrzehnt ein starker Rückgang von 30 Prozent zu beobachten. Eine Entwicklung, die sicher auch resultiert aus den erweiterten Möglichkeiten der Gametengabe. In der Begleitung von Adoptivfamilien hat sich die Aufklärung des Kindes als ein biografischer phasenübergreifender Prozess für die gesamte Familienidentität bewährt. Wie dies auch gut für die Familienbildung mit Hilfe Dritter im Rahmen der assistierten Reproduktion funktionieren kann, werden wir systemtheoretisch erläutern und durch eine Performance gemeinsam erfahrbar machen.“
Dipl.-Pol. Bettina Klenke-Lüders (Systemische Familientherapeutin (DGSF))
Dipl.-Päd. Kerstin Dauses (Fachbereichsleitung Adoptionsdienst SkF Nürnberg)
Workshop 5: Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin – Umfassende medizinische Begleitung und Behandlung von Frauen und Männern im Kinderwunschzentrum
„Das Spektrum der reproduktionsmedizinischen Behandlungen umfasst nicht nur die künstlichen Befruchtungsmethoden von Eizellen mit den Samenzellen des Partners. Für Paare mit einem hohen Risiko für ein krankes Kind oder für Fehlgeburten wurde inzwischen die Präimplantationsdiagnostik legalisiert. Heutzutage spielen zunehmend auch Kinderwunschbehandlungen mit Spenden, die Konservierung von Samenzellen oder Eizellen aus medizinischen und nicht-medizinischen Gründen, sowie die Konservierung von überzähligen bzw. „planwidrigen“ Gameten für einen späteren Embryotransfer eine Rolle.“
Prof. Dr. med. habil. Monika Bals-Pratsch
(profertilita – Zentrum für Fruchtbarkeitsmedizin Regensburg)
Workshop 6: Spenderkinder: Was ist uns wichtig – Ein Balanceakt in einem komplexen Familiensystem
„Seit 1970 sind die ersten zwei Generationen von Spenderkindern in Deutschland erwachsen geworden. Welche Wünsche, Bedürfnisse und Herausforderungen zeigen sich?“
Dipl.-Psych. Anne Meier-Credner
(Verein Spenderkinder)
Workshop 7: Männer mit Kinderwunsch – Entgegen der Ohnmacht
„Der Workshop wird auf die möglichen Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten bei Männern mit ungewollter Kinderlosigkeit eingehen. Die Grundzüge der Untersuchungsmöglichkeiten werden erklärt, Krankheitsbilder erläutert und die Entscheidungsmöglichkeiten für die weitere Behandlung, die in Abstimmung mit den Befunden auf weiblicher Seite erfolgen sollte, diskutiert. Eine sorgfältige Untersuchung des Mannes ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, eine für den Mann und für das Paar optimale Behandlung für ihren Kinderwunsch zu ermöglichen und Risiken auf beiden Seiten zu minimieren. „Vor der Therapie steht die Diagnose!“ Das Verstehen der möglichen Ursachen – oder auch die Erkenntnis, dass es keine eindeutige Ursache gibt – hilft den Betroffenen, mit der Situation und den möglichen Behandlungen umzugehen…. entgegen der Ohnmacht."
Prof. Dr. med. Sabine Kliesch
(Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie, Universitätsklinikum Münster)
Workshop 8: Psychosoziale Begleitung als Angebot bei Verlust eines Kindes in der Schwangerschaft oder zur Geburt
„Ein positiver Schwangerschaftstest ist für Menschen, die sich ein Kind wünschen, insbesondere nach belastender Kinderwunschzeit, ein höchst freudiges Ereignis. Der frühe Tod des Kindes in der Schwangerschaft oder zur Geburt, ist ein tragisches Geschehen, das in den meisten Fällen eine akute Krise erzeugt und Trauer auslöst. Die Folgen dieser Erfahrung können weitreichend sein. Psychosoziale Begleitung bietet einen geschützten Rahmen, um Betroffene zu unterstützen. In dem Workshop werden beratungsrelevante Fakten und praxisbezogene Interventionen vorgestellt.“
Beatrix Kozjak-Storjohann M.A.
(Psychosozialer Dienst der Geburtshilfe, Frauenklinik - Universitätsklinikum Erlangen)
Workshop 9: Frauenpaare und die gemeinsame Kinderwunscherfüllung: Status Quo und Defizite / Potenziale
„Wo stehen Frauenpaare aktuell im Dschungel der Paragraphen und Leitlinien bei ihrer Kinderwunscherfüllung? Die Regelungen im Kontext von Frauenpaaren und gemeinsamer Kinderwunscherfüllung (mit Reproduktionsmedizin) haben sich in den letzten 20 Jahren geändert – sowohl im Bereich der Adoption als auch im Zugang zu Reproduktionsmedizin und deren finanziellen Fördermöglichkeiten. Dennoch sind sie heterosexuellen Paaren rechtlich noch lange nicht gleichgestellt. In diesem Workshop stelle ich Ihnen zuerst den aktuellen Stand dazu vor. Anschließend diskutieren wir in Gruppen aktuelle Diskriminierungen und welche Möglichkeiten es gäbe, diese zu verringern oder gar zu beseitigen. Am Ende tragen wir die Ergebnisse zusammen und klären sowie diskutieren letzte Aspekte.“
Anna Scharf M.A.
(OTH Regensburg)
Workshop 10: Familiengründung mit Gametenspende - Themen und Bedarfe in der Beratung
„Welche Themen sind für Ratsuchende im Rahmen der Gametenspende zu welchem Zeitpunkt erforderlich? Welche Kenntnisse benötigen Beratungsfachkräfte im Rahmen der Gametenspende momentan? Wie könnte die Beratung aussehen, falls die Eizellspende in Deutschland legalisiert wird? Der Workshop geht sowohl auf aktuelle Themen im Rahmen der Gametenspende ein als auch auf mögliche Themen der nahen Zukunft.“
Dr. phil. Petra Thorn
(Familien- und Paartherapeutin, BKiD e.V.)
Stream: Psychosoziale Beratung bei unerfülltem Kinderwunsch: Unterstützung in einer herausfordernden Lebensphase
Der Präsenz-Workshop 2 „Psychosoziale Beratung bei unerfülltem Kinderwunsch: Unterstützung in einer herausfordernden Lebensphase“ wird online gestreamt. Online-Teilnehmende können Bild und Ton des Workshops verfolgen, jedoch nicht aktiv am Geschehen im Workshop teilnehmen. Die Inhalte des Workshops werden beim Präsenz-Workshop 2 beschrieben.
Dr. phil. Dipl.-Psych. Annette Tretzel
(approb. Psychologin, pro familia München, BKiD e.V.)
Wir freuen uns besonders, dass Ekin Deligöz, parlamentarische Staatssekretärin des BMFSFJ, zur Eröffnung des Fachtages ein Grußwort gesprochen hat.
Ferner freuen wir uns Ihnen auf diesem Fachtag die ersten Zwischenergebnisse aus unserer KompKi-Fragebogenerhebung mit über 1.000 ausgefüllten Fragebögen präsentieren
durften. Darüber hinaus hat Prof. Dr. med. Stefan Siegel Einblick in die sexualpsychologische Perspektive auf den Kinderwunsch sowie Hinweise für geeignete Gesprächstechniken zur
Verbalisierung von sexualpsychologischen Aspekte gegeben.
Am Nachmittag konnte zwischen zehn Workshops (fünf in Präsenz, fünf online) gewählt werden und dadurch die Vielfalt der Perspektiven auf das Thema Kinderwunsch vertieft werden.
Eine Plenumsdiskussion mit dem wissenschaftlichen Beirat des KompKi-Projektes hat den Fachtag abgeschlossen und ließ nochmals Raum für
eine diskursive Auseinandersetzung mit dem Thema Kinderwunsch.
Das ausführliche Programm finden Sie unten zum Download.
Für das große Interesse und Ihre Teilnahme bedanken sich herzlich
© Bundesregierung, Steffen Kugler
Ekin Deligöz
(Parlamentarische Staatssekretärin des BMFSFJ)
Unter dem Titel "Kinderwunsch im Fokus: Kompetenzen rund um den Kinderwunsch erweitern – Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt "KompKi"" fand der große Abschlussfachtag statt.
Alle Informationen zum Programm
Welche Rolle spielen soziale Netzwerke im Zusammenhang mit unerfülltem Kinderwunsch? Was sind ethische Aspekte der Fortpflanzungsmedizin? Warum verschiebt sich die
Familiengründung immer weiter nach hinten? Welche Handlungsoptionen gibt es für Männer und Frauen mit Fertilitätseinschränkungen? Lesen Sie hier verschiedene Beiträge von Expert*innen, sog. Expertisen!
Welche Fakten sollten alle Fachkräfte im Bereich des Kinderwunschs kennen? Welche Fragen werden im Berufsalltag häufig gestellt? Diese und weitere Fragen wurden an die Expert*innen aus dem Bereich des Kinderwunschs in sog. "sprechenden Gedanken" gestellt. Hier geht's zu den Videos!
Wir klären über das Thema Kinderwunsch mit wissenschaftlichen Fachartikeln auf und bieten einen Überblick über Links & Kontakte für die jeweiligen Fachbereiche. Hier finden Sie auch alle Downloads des Projekts KompKi!